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Die Glocken der Abteikirche Otterberg
Wer von den Anhöhen kommt und seinen Blick auf Otterberg richtet, sieht sofort die Abteikirche herausragen - monumental und majestätisch das Stadtbild bestimmend. Sie wurde von 1168 bis 1254 erbaut. Das vor 755 Jahren geweihte Gotteshaus beherbergt in seinem Innern Instrumente, ohne deren Klang eine Kirche nicht auskommt – die Glocken. Sie sind Teil der Abteikirche, die seit 1708 als Simultankirche von der protestantischen Kirchengemeinde und der katholischen Pfarrgemeinde genutzt wird. Hier hängen 7 Glocken. Die 4 Glocken der protestantischen Kirchengemeinde befinden hinter dem Giebelfenster über der Fensterrose an der Westfassade der Kirche. Der 1971 neu aufgesetzte Dachreiter über der Vierung beherbergt die 3 Glocken der kath. Pfarrgemeinde. Jedes der Geläute hat seine eigene Geschichte. Ich will auf die jüngere Geschichte eingehen und im Jahr 1922 beginnen.
Am 10.09.1922 war die Glockenweihe für 3 Glocken der prot. Kirchengemeinde. Die Inschriften lauteten:
„Volk in Not“, „Heimattreue“ und „Philippine“. Diese Glocken wurden 1926 wieder herab genommen, da der Klang nicht harmonisch war und durch neue Glocken aus besserem Material ersetzt. Auch ins Jahr 1926 fiel die Ergänzung dieses Geläuts mit einer 4. Glocke. Diese, mit einem Durchmesser von 0,83 m und Höhe von ebenfalls 0,83 m kleine, lediglich 325 kg schwere Glocke war aus Bronze und auf den Ton „h '„ gestimmt. Sie trägt die Inschrift:
*No 3060*
MICH+GOSS+MEISTER+PFEIFER+IN+KAISERSLAUTERN*HEIMATTREUE. EIGENTUM+DER+PROT.+KULTUSGEMEINDE+OTTERBERG. ZUM DANK FÜR DIE GABEN UNSERER IN AMERIKA WOHNENDEN OTTERBERGER. GEGOSSEN IM JAHRE 1926.
Diese Bronze-Glocke hat die Kriegswirren überstanden und hängt heute noch in der Glockenstube in der Westfassade. Sie wird nur während des Gottesdienstes beim “Vaterunser-Gebet“ geläutet. Wie viele Glocken in Deutschland fielen die anderen drei erst genannten Glocken im 2. Weltkrieg der Aufrüstung und Kriegsmaschinerie zum Opfer. Sie wurden Anfang 1942 herunter genommen, im Hamburger Glockenlager eingeschmolzen und zu Kanonenrohren und Geschützen verarbeitet.
Nach dem 2. Weltkrieg konnte das Geläut wieder komplettiert werden. Ende des Jahres 1950 wurden 3 große, tontiefe Guss-Stahlglocken beim Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation AG (BVG) gegossen. Die Mittel kamen durch freiwillige Spenden der Gemeinde Otterberg und vor allem durch eine großzügige Spende von Pfr. Philipp Kirchner zusammen, der 1902 in die USA auswanderte. Seine Verbindungen zu Otterberg waren bis auf die kriegsbedingten Jahre nie abgerissen.
Im Jahre 1951 war in Otterberg unstreitig der Höhepunkt des gemeindlichen Lebens, der 17. Juni, der Tag der Einholung der Glocken und der 01. Juli, der Tag der feierlichen Indienststellung durch Pfr. Otto Franz.
Die größte Glocke mit einem Durchmesser von 1,74 m, einer Höhe von 1,56 m und mit 2950 kg die schwerste Glocke war seinem Wohltäter gewidmet. An der Glocke aufgegossen die Worte:
DIE LIEBE HÖRET NIMMER AUF / GOTT IST DIE LIEBE
PFARRER PHILIPP KIRCHNER - POUGHKEEPSIE/N-Y; HAT MICH
IM GEDENKEN AN SEINE HEIMGEGANGENE FRAU WILHELMINE GEB: KIRCHNER, SEINER PROT. HEIMATKIRCHENGEMEINDE OTTERBERG GESTIFTET.
Im Volksmund wird sie „Wilhelminen-Glocke“ genannt. Sie ist auf den Ton „ h°„ gestimmt. Stirbt ein Gemeindeglied, dann wird mit ihr zeitnah, spätestens jedoch am nächsten Werktagvormittag, „Zeichen“ geläutet. Auch bei der Beerdigung, auf dem Weg von der Friedhofshalle zur Grabstätte, ertönt ihr Klang.
Die mittlere Glocke trägt die Inschrift:
FRIEDE SEI MIT ALLEN / DIE IN CHRISTO JESUS SIND.
Sie hat ein Gewicht von 1710 kg, einen Durchmesser von 1,185 m sowie eine Höhe von 1,32 m und ist auf den Ton „d '„ gestimmt. Diese Glocke ertönt beim Vorläuten zum Gottesdienst und für Beerdigungen.
Die kleinste der drei Guss-Stahlglocken wiegt 1250 kg und ist auf den Ton „e '„ gestimmt. Ihre Maße: d = 1,325 m und h = 1,18 m. Sie trägt die Inschrift: DIENET DEM HERRN IN DER WAHRHEIT. Sie wird auch als Taufglocke bezeichnet, weil sie beim Taufvorgang geläutet wird. Im Übrigen kommt sie beim Vorläuten für eine Hochzeit und für eine Beisetzung zum Einsatz.
Erst, wenn alle drei genannten Glocken zusammen ertönen, entsteht ein warmtoniger, romantisch wirkender Klang. Zusammen geläutet werden sie vor dem Gottesdienstbeginn, bei Hochzeiten, Beerdigungen, während der Einsegnung der Jubelkonfirmanden/Konfirmanden und am Samstagabend, zum Einläuten des Sonntags.
Die kath. Kirchengemeinde bekam neue Glocken im Jahre 1924. Die drei Guss-Stahlglocken wurden ebenfalls beim BVG gegossen. Die Glockenweihe fand am 10. Aug. 1924 unter Pfr. Wilhelm Rosch, der von 1924 bis 1929 Seelsorger in Otterberg war, statt. Sie hängen übereinander im Dachreiter über der Vierung. Die größte und schwerste Glocke mit einem Durchmesser von 1380 mm und einem Gewicht von 974 kg ist die HERZ-JESU-GLOCKE (so auch die Inschrift); sie ist auf den Ton „e '„ gestimmt. Die mit der Inschrift versehene „MARIEN-GLOCKE“ ist auf St. Maria geweiht, hat einen Durchmesser von 1170 mm und bringt 728 kg auf die Waage. Ihre Tonlage ist „g '„.
Die kleinste Glocke ist die ST.JOSEFS-GLOCKE, die aber lt. Handbuch der Diözese auf St. Sebastian geweiht wurde. Bei einem Durchmesser von 1016 mm wiegt sie 480 kg. Ihr Ton ist auf „a '„ gestimmt.
Durch die Ton-Abstimmungen sind die 6 Guss-Stahlglocken der beiden Geläute (prot./kath.) klanglich zusammen läutbar. Zusammen läuten alle 6 Glocken der Abteikirche beim „Sonntagsgeläut“ am Samstagabend, vor Festtagen oder bei besonderen kirchlichen Anlässen.
Das Läuterecht ist allein den Kirchen vorbehalten. Ausgenommen davon ist einzig das sogenannte Polizeigeläut (was nichts mit der Polizei, sondern mit der öffentlichen Ordnung zu tun hat!). Unter Polizeigeläut versteht man das 11– Uhr – Läuten, das in vielen Gemeinden der Pfalz heute noch ertönt; das Läuten in der Silvesternacht, bei Katastrophen, im Kriegsfall und beim Friedensschluss.
Glocken begleiten an den Schwellen, den Übergängen des Lebens. Sie läuten zur Taufe eines Kindes, zur Segnung der Konfirmanden, zur Trauung eines Paares. Sie läuten, wenn ein Gemeindeglied verstorben ist und wenn es bestattet wird. Glocken rufen heraus aus unserem Alltag und laden ein zum Gottesdienst und Gebet, zu wohltuenden Unterbrechungen am Morgen, Mittag und Abend.
Text: Karl-Heinz Eckhardt
Quellen:
Kurt Close: Otterberg und seine Glocken, Heimatjahrbuch 1997
Werner Seeling: Bilder zur Otterberger Kirchengeschichte - 1979 (im Pfarramt erhältlich)
Birgit Müller: Glockensachverständige, Maxdorf